Dienstag, 26. Juni 2012

Shooting Robert King




Am Dienstag den 19. Juni hatte der us-amerikanische Dokumentarfilm „Shooting Robert King“ auf dem Browse Fotofestival in Berlin Deutschlandpremiere. Der schon aus dem Jahr 2008 stammende Film erzählt die Geschichte des amerikanischen Kriegsfotografen Robert King. Produziert und gefilmt wurde die Geschichte von seinem langjährigen Weggefährten Kings, dem Filmemacher Richard Parry.

Der Film ist interessant, weil er den Weg Robert Kings in das Geschäft der Kriegsfotografie vom ersten Einsatz auf dem Balkan an über 15 Jahre lang begleitet. Insofern ist es der erste Dokumentarfilm dieser Art über Fotojournalisten der es erlaubt, Entwicklungen und Veränderungen über einen langen Zeitraum zu beobachten. Ein anderer Ansatz also, als der wohl bekannteste Film über Kriegsfotografen „War Photographer“, der James Nachtwey bei der Arbeit porträtiert.

Der Film wirft jedoch einige Fragen auf. Zum einen sind da die Bilder aus dem Wald von Tennesse, der Heimat Kings. Als filmische Klammer eingesetzt, gibt es immer wieder Gespräche mit King in einem Zelt auf der Jagd, beim Pirschen in Camouflage, mit dem Gewehr im Anschlag durch den Wald streifend. Auch wenn King die Bedeutung des Waldes selbst auflöst, in dem er beschreibt, dass dies der Ort ist, um nach einem Einsatz wieder runterzukommen, so sind die Parallelen zwischen den Soldaten und Kämpfern in Kriegsgebieten der Welt und dem jagenden King im Wald so offensichtlich, dass man sich fragt, ob hier bewusst gezeigt werden soll, dass es sich um ein und das selbe handelt: Jagen als Freizeitvergnügen nach Wild in den  USA, oder die Menschenjagd im Krieg. Eine Auflösung dazu bietet der Film leider nicht.

Es gibt weitere verstörende Szenen im Film, die zum einen King in einem seltsamen Licht dastehen und zum anderen die Intention des Filmemachers als fragwürdig erscheinen lassen. So sieht man King, wie er lachend durch die kriegsverwüstete tschetschenische Hauptstadt Grozny zieht und Böller in Häuserwände steckt. Eine seltsame Art von Humor. Oder wie er als Message an das amerikanische Volk, eine junge Frau zwei Handvoll Bananen Essen lässt bis sie kotzt. Eine Filmsequenz, unterlegt mit Techno-Rhythmen schneidet Bilder Kings zusammen und spannt den Bogen von Parties feiernden Russen im Alkoholexzess zu Leichen in Kriegsgebieten. Wo hier neben dem Voyeurismus die inhaltliche Klammer sein soll, bleibt fragwürdig.

So hinterlässt der Film den Betrachter mit einem ambivalenten Gefühl. Auch wenn der Film einen interessanten Einblick in die Praxis der Kriegsfotografie darstellt und den Betrachter nicht mit krassen Bildern verschont, so bleibt die Frage ob der Film der Zunft nicht einen Bären-Dienst erweist. Der Protagonist erscheint weniger als ein professioneller, seiner Rolle und Verantwortung bewusster Dokumentar des Zeitgeschehens, als ein abenteuerlustiger Draufgänger der im Krieg das sucht, was er im amerikanischen Westen nicht findet. Dies mag für die Motivation und den Zugang Kings zur Kriegsfotografie zutreffend sein, aber repräsentativ für die Arbeit seiner Kollegen und Kolleginnen ist dies sicherlich nicht.


Montag, 25. Juni 2012

The Browse Foto-Festival – Eine vertane Chance


Wer hoch hinaus will, wird tief fallen. Dies zeigte sich dieser Tage am 2. Berliner „The Browse Foto-Festival“. In einer überdimensionierten Zeltstadt, die eher an eine Public-Relation Messe erinnerte, fristeten die Foto-Ausstellungen ein eher tristes Dasein an Bauzäunen, präsentiert hinter schwarzem Passepartout. Ob es die hohen Eintrittspreise waren, oder die große Konkurrenz im Berliner Kunst- und Mediendschungel, die Ausstellungen und Diskussionen waren eher schlecht besucht. Als Professional Week mit internationalem Charakter angekündigt, war die zentrale Ausstellungswoche wohl genau dies nicht. Obwohl neben den Hauptsponsoren wie Hahnemühle auch kleine Initiativen aus dem bildjournalistischen Bereich wie Emerge oder die Gesellschaft für Hunanistische Fotografie die Möglichkeit bekamen, sich zu präsentieren, blieb das Publikum, das hier ein Forum hätte finden können, aus.

Dabei war bezogen auf die fotografische Qualität unter den gezeigten Arbeiten durchaus einiges Sehenswertes. Aktuelle Arbeiten über Syrien von Timo Vogt gehörten dazu, ebenso wie ein zeithistorischer Überblick über das Schaffen von Günther Zint. Das zentrale Manko der Ausstellung war jedoch das fast völlige Fehlen von Bildunterschriften. Nur Benjamin Hiller ergriff die Initiative und versah seine sehenswerte Arbeit über Kurdistan selbst mit Texten. Auf Anfrage teilten die Veranstalter mit, die Zeit hätte nicht gereicht, die Ausstellungen mit Bildunterschriften zu versehen. Es ist sicherlich nicht übertrieben zu kritisieren, dass hier der Schwerpunkt falsch gesetzt ist, wenn es den Eindruck hat, dass anstatt der Foto-Geschichten das Präsentationsumfeld wichtiger erscheint. Auch die Einleitungstexte halfen über dieses Manko nicht hinweg. Leider war auch bei der Auswahl der gezeigten Arbeiten keine Linie zu erkennen und so war es zum Teil ein seltsamer Mix aus hervorragender Dokumentarfotografie und an schlechte Stockfotografie erinnernder Bilderserien. Schade für das vertane Potential.

Teil der Professional Week war auch ein Vortragsprogramm, dessen Angebot von technischen Themen wie Bildbearbeitung bis hin zu inhaltlichen Fragestellungen wie der aktuellen politischen Lage in Syrien reichte. Interessant war z.B. das Panel „Image, Impact, Action“, wo über das Verhältnis von NGO`s  und Fotojournalismus diskutiert wurde. Dabei wurde deutlich, wie eng Fotojournalisten, Agenturen wie NOOR und NGO`s heute kooperieren. Neben der Möglichkeit für Fotojournalisten, über NGO’s einen Zugang zu Kriegs- und Konfliktregionen zu bekommen, sind NGO`s heute auch zahlungskräftige Auftraggeber um Bilder für ihre Public Relation Arbeit zu bekommen. Das Potential das in einer weiteren spannenden Veranstaltung, unter dem Titel “Syria on edge – personal insights into a bloody conflict?”, steckte, wurde leider durch die auf Selbstvermarktung fokussierte Moderation Jasna Zajcek ungenutzt gelassen. So konnten weder die beiden Fotojournalisten Benjamin Hiller und Timo Vogt ihre fotografischen Ansätze zur Dokumentation kriegerischer Konflikte beschreiben, noch hatte der aus dem libanesischen Exil angereiste syrische Aktivist die Möglichkeit, dem Publik seine Sicht auf den Konflikt zu schildern.

 

Wenn das „The Browse Foto-Festival“ sich in Deutschland als Forum dokumentarischer Fotografie etablieren möchte, so bleibt bis zur nächsten Edition des Festivals im kommenden Jahr noch einiges zu tun. Aber vielleicht ging es auch weniger um den Inhalt, als um den Versuch, mit dem Festival das “Kunst- und Kreativquartier Südliche Friedrichstadt” zu promoten. Die Konkurrenz der fotojournalistischen Festivals, wie das Lumix Festival für Jungen Fotojournalismus in Hannover, schläft jedenfalls nicht und war trotz der weniger zentralen Lage in diesem Jahr wieder der größere Publikumsmagnet.

Dienstag, 19. Juni 2012

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Seit letzter Woche bin ich auch mit einem Twitter-Account vertreten.

https://twitter.com/fkoltermann

Auch dort werden regelmäßig interessante Links und Informationen gepostet, unter anderem zum Thema Fotografie und Konflikt. Neue Follower sind herzlich willkommen :)

Montag, 18. Juni 2012

Fotojournalistische Bilderflut: Ein Eindruck vom Lumix Festival in Hannover


Gestern ging in Hannover das 3. Lumix Festival für jungen Fotojournalismus zu Ende. Die 60 Ausstellungen und 22 Multimediapräsentationen waren eine fotojournalistische Bilderflut, die zu rezipieren kaum in einem Tag zu meistern war. Dabei waren die gezeigten Themen am nahe Puls der Zeit und die Bandbreite reichte vom arabischen Frühling bis hin zur Occupy-Bewegung in den USA. Es war jedoch auch ein recht düsterer Blick auf unsere Zeit, mit vielen Arbeiten die menschlich Grenzsituationen aus Kriegen und Konflikten in den Vordergrund stellten. Auffallend wie beim letzten Festival war die demokratische Präsentationsweise, ein zentrales Konzept des Festivals. Alle Serien wurden in einfachen Holzrahmen mit Passepartout gezeigt, in der Regel in der gleichen Größe und im Querformat. Nur einige wenige Arbeiten wichen durch durchgehende Hochformate oder Quadrate hiervon ab. Während durch die insgesamt neun Ausstellungsorte schon eine gewisse Entzerrung erreicht wurde, so gab es doch auch Orte wie der Skywalk, der ein kuratorisches Grauen war. In einem langen verglasten Gang hing hier Arbeit neben Arbeit an einem Bauzaun.

Interessant war, dass in diesem Jahr eher die leisen Arbeiten überzeugten, seien es Geschichten aus der deutschen Provinz oder die dokumentarische Reisefotografie über Korea. So zeigten Arbeiten wie die von Jonas Ludwig Walter über den Abriss der Atomkraftwerksruine in Stendal oder von Marcus Reichmann über den Alltag einer Familie, die in Mecklenburg-Vorpommern aufs Land gezogen ist, wie sich interessante Geschichten auch direkt vor der Haustür finden lassen, ohne dass eine Reise in die Kriegs- und Krisengebiete dieser Welt vonnöten wäre. Eine sensible Arbeit über ein Thema, welches immer mehr auch die Schlagzeilen der Nachrichten bestimmt, war die Serie von Dominic Bracco II über die von der Gewalt des Drogenkriegs heimgesuchte Stadt Ciudad Juarez an der Nordgrenze Mexikos. Auffallend in vielen Arbeiten war die düstere Stimmung, die durch den Einsatz von Schwarz/Weiß oder reduzierte Farbigkeit sowie erhöhte Kontraste und Vignettierung erzeugt wurde. So hatte es den Eindruck als müsse die an sie schon triste Realität durch die Bildbearbeitung noch bewusst gesteigert werden. Vom thematischen Ansatz her interessant, die Verbindung zwischen Landproblemen und Armut in Äthiopien und dem agro-industriellen Anbau von Nutzpflanzen für den europäischen Markt herzustellen, wies die Arbeit von Jan Lieske visuell und erzähltechnisch leider noch einige Lücken auf.

Der Gewinner des diesjährigen FREELENS Award ist der amerikanische Fotojournalist  Peter von Agtmael. Die von ihm gezeigte Serie heißt „Disco Night Sept. 11“ und zeigt neben Kriegsbildern aus dem Irak und Afghanistan Bilder aus dem Alltag und der Wahlkampfzeit in den USA. Das innovativste an seiner Arbeit scheint aber nur der Titel zu sein. Ausgezeichnet wurde er unter anderem für den schmalen Grad „zwischen seiner naiven Faszination, die er als Kind für den Krieg empfand, und der Brutalität, die er später als Kriegsfotograf im Irak und Afghanistan erlebte“, wie es auf der Festivalhomepage heißt. Wo sich dies in den Bildern wiederspiegeln soll, ist allerdings fragwürdig. Denn der persönliche Zugang – die naive Faszination von Krieg – wie es auch der vom Fotografen verfasste Ausstellungstext hervorhob, ist visuell nicht wirklich präsent. Die Arbeit erscheint vielmehr in einer Reihe mit zahlreichen anderen Arbeiten der letzten Jahre zu stehen, die US-Soldaten im Krieg zeigen. Und das diese das primäre Ziel der Arbeit sind – und damit den typischen Blick des Westlers auf den Krieg darstellen – zeigt beispielsweise das Bild eines afghanischen Jungen, in deren Bildunterschrift statt auf seine afghanische Geschichte Bezug zu nehmen, auf die 100 Soldaten die an seinem Wohnort ums Leben kamen hingewiesen wird. Somit eine vertane Chance sowohl etwas über Krieg aus Sicht der einheimischen und zentral betroffenen Bevölkerung zu erzählen als auch die persönlichen Erfahrungen und Dilemmata des Fotografen im Krieg in den Vordergrund zu stellen.

Alles in allem war das Festival in Hannover auch in diesem Jahr wieder ein lohnendes Ziel, auch wenn wirklich starke Arbeiten fehlten. Der umfangreiche Katalog bietet in jedem Fall auch über das Festival hinaus eine gute Möglichkeit, sich einen Überblick über das Schaffen junger Fotojournalisten weltweit zu verschaffen. Somit hat diesbezüglich das Festival ein Ziel erreicht, dieser Szene eine Plattform zu geben.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Ethik im Fotojournalismus – Ein Kommentar zur Haviv Kontroverse


Die aktuelle Kontroverse um den amerikanischen Fotojournalisten Ron Haviv zeigt, wie wichtig die Debatte um fotojournalistische Ethik ist und wie hoch die Erwartungen sind, denen sich Fotojournalisten ausgesetzt sehen. Dabei stellt sich die Frage, ob nicht für jeden Menschen prinzipiell die gleichen ethischen Maßstäbe gelten und es in der Auseinandersetzung um Fotojournalisten, ihre Ethik und das (vermeintliche) Missverhältnis nicht darum geht, sich an einer Berufsgruppe abzuarbeiten, von deren heroischen und selbstlosen Verhalten man nun enttäuscht ist.

Aber ganz von Anfang an. Ausgelöst wurde die Kontroverse von einem Blogeintrag der Gruppe Duckrabbit[1] Ende Mai. Darin wird Ron Haviv dafür kritisiert, ein Bild an einen der weltgrößten Waffenhersteller Lockheed Martin verkauft zu haben. Das wurde für ein Werbeplakat über Präzisionswaffen genutzt[2]. Eine der Kontroversen entzündete sich daran, das Haviv als Bildkredit nicht nur seinen Namen, sondern auch den der Agentur VII angegeben hatte, über die er seine dokumentarischen und journalistischen Arbeiten vertreibt. Relativ schnell wurde sowohl von Haviv[3] wie von VII[4] klargestellt, dass es sich bei der Nennung der Agentur um einen Fehler handelte und die Bildverwendung über den kommerziellen Agenten Havivs lief, nicht die jedoch die Agentur. Die zweite und eigentlich interessantere Kontroverse besteht darin, dass ein Fotojournalist, der die Folgen und die Opfer von Krieg und Gewalt dokumentiert, wissentlich und ohne schlechtes Gewissen seine Bilder an einen Waffenproduzenten verkauft. Denn der Fakt dass Haviv das Plakat auf seiner Website platziert lässt darauf schließen, dass er inhaltlich mit der Aussage einverstanden ist. Dies bestätigt eine Antwort auf die Kritik in seinem Blog in der es heißt: „I support humanitarian intervention, detente and defense as I’ve seen what can happen when those things don’t exist“[5]. Vor allem diesem Aspekt soll im Weiteren Verlauf Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Nicht ganz unverschuldet – trägt es doch zu ihrer Vermarktung und Selbstheroisierung bei – haben Fotojournalisten häufig immer noch ein Mutter-Theresa-Image. Sie gelten als die selbstlos Guten, die auf eigene Faust durch die Welt ziehen, um den Opfern von Krieg und Gewalt eine Stimme zu geben. Aber das dies nur die eine Seite der Medaille ist, dessen sind sich zumindest in diesem Business eigentlich alle bewusst. Und auch diejenigen Medienkonsumenten oder Medienkritiker, die immer wieder aufschreien bei Fällen wie Havivs, in denen herauskommt das die unbefleckte Empfängnis auch im Falle der Konflikt-Fotografie nur ein Mythos ist, hätten bei kritischem Nachdenken selbst zu diesem Schluss kommen können. Sofern sie mit ihrer Kritik nicht eine eigene Agenda, wie die der bewussten Beschädigung des fotojournalistischen Berufsstandes, folgen. Die enttäuschte Reaktion hat Newton sehr schön beschrieben: „However, once we determined that our projection of objective truth onto photography was naive, we responded as if we had been betrayed by an intimate friend, rejecting visual reportage as nothing more than subjective constructionism“[6].

Die Folgen und die Opfer von Krieg und Gewalt zu dokumentieren, heißt nicht automatisch auch einer pazifistischen und antimilitaristischen Grundhaltung zu folgen, auch wenn dies am nahe liegendsten erscheint. Ebenso wie es Mannigfaltige Gründe für den Ausbruch und die Anwendung von Gewalt gibt, so gibt es ebenso viele Gründe diese zu dokumentieren. Dies bestätigt ein Blick in Debatten im deutschen Bundestag ebenso wie das Lesen der Kommentarseiten deutscher Tageszeitungen oder der intellektuellen Ergüsse der Friedens- und Konfliktforschung. Krieg und Gewalt sind Teil unserer Weltordnung, wenn auch in der Regel weit weg von den Gesellschaften des reichen Nordens. Und trotzdem ist Frieden zumindest das verbal erklärte Lebensziel der wohl großen Mehrheit unserer Weltgesellschaft. In diesem nicht zu übersehenen Spannungsverhältnis sind natürlich auch die Fotojournalisten zu Hause. Zu allererst machen sie einen harten Brotjob, der dem Betrachter im Norden Bilder von Kriegen und Konflikten, meist aus der Südhalbkugel der Erde, in Zeitungen, Fernseher oder Monitore spült. Dazu kommt dass sie wenn sie - wie einige wenige – in den Olymp des Fotojournalismus aufgestiegen sind, mit ihrer Arbeit auch viel Geld verdienen können.

Fotojournalisten leben und arbeiten heute in einem sehr komplexen Berufsfeld. Auf der einen Seite werden von ihnen extrem hohe ethische und moralische Standards abverlangt, die vom Umgang mit den Fotografierten, über die Recherche und die Garantie der Wahrhaftigkeit der übermittelten Informationen bis zum Bann jeglicher digitaler Manipulation reichen. Auf der anderen Seite sind sie in einem hoch kompetitiven Geschäftsfeld tätig, in dem nur eine Finanzierung über verschiedene Kanäle das eigene Auskommen sichert. So ist es heute Standard das Fotojournalisten gleichzeitig journalistisch für Magazine und Tageszeitungen tätig sind, wie im Kommunikationsbereich für NGO’s und nationale und internationale (Regierungs-) Institutionen. Oder im Bereich der Werbung wie im Falle von Haviv für Lockheed Martin. Dies ist erst ein Mal eine Realität, die es anzuerkennen gilt.

Die Crux liegt jetzt im Detail. In der Regel trifft die Kritik nicht Fotografen wie Haviv, sondern diejenigen, die für NGO’S und UN-Institutionen arbeiten. In beiden Fällen haben wir es zweifellos mit einem nicht-journalistischen Auftrag zu tun, mit klassischer PR. Meiner Ansicht nach muß man jedoch zwischen privaten Akteuren wie Lockheed Martin, die ihr Geld mit Waffen verdienen und damit im weitesten Sinn mit Krieg und Gewalt und NGO’s, die sich der Verteidigung der Menschenrechte auf gewaltfreie Art und Weise verschrieben haben, einen qualitativen Unterschied machen. Trotzdem bleibt es jedem und jeder überlassen, sich für das eine oder andere Geschäftsfeld zu entscheiden. Das mag natürlich unseren – und in diesem Fall auch meinen – Überzeugungen widersprechen. Aber es ist nicht mehr oder weniger verwerflich als die internationale Politik, die im bestimmten Rahmen das gewalttätige Austragen von Konflikten immer noch legitimiert und sei es nur im Falle einer humanitären Intervention.

Zu klären bleibt natürlich die Frage, ob Agenturen und Institutionen, die mit ihrem humanitären Image arbeiten und Geld  verdienen und es zulassen, dass ihre Mitglieder sich auf diese Art und Weise ihr Geld verdienen, nicht dem Ruf des gesamten Berufsstandes, zumindest aber ihrer eigenen Institution schaden, wenn sie bezogen auf die hier nicht diskutierten Fragen nicht klar Position beziehen. Aber genau hier tut sich das gesamt Feld des Fotojournalismus schwer. Denn ob es darum geht, politisch Stellung gegenüber Embedded Journalism, Responsability to Protect oder humanitären Interventionen zu beziehen, oder die Felder von Public Relation und Journalismus klar abzugrenzen, aus Opportunismus-Gründen und um das eigene Milieu nicht zu verschrecken und zu spalten, tun sich die meisten schwer mit klarer Festlegung. Dabei würden klare Festlegungen allen helfen sowohl die Glaubwürdigkeit des Mediums Fotografie zu erhalten, wie auch die Transparenz der Arbeitsweisen der sie vertretenden Einzelpersonen und Institutionen zu erhöhen.


[1] http://duckrabbit.info/blog/2012/05/vii-photo-agency-ron-haviv-and-the-worlds-two-largest-arms-producers/
[2] http://www.ronhaviv.com/#mi=2&pt=1&pi=10000&s=20&p=2&a=0&at=0
[3] http://ronhaviv.wordpress.com/2012/05/27/ron-haviv-response/
[4] http://www.viiphoto.com/news/vii-photo-may-30-2012/
[5] http://ronhaviv.wordpress.com/2012/05/27/ron-haviv-response/
[6] Newton, Julianne Hickerson (2001): The burden of visual truth: the role of photojournalism in mediating reality, Mahwah, NJ [u.a.]: Erlbaum; S. 6.

Dienstag, 12. Juni 2012

Von der Abwertung des Dokumentarischen Bildes


Wie dokumentarische Fotografien durch die Form der Präsentation ihres informatorischen Wertes beraubt und in einen belanglosen Kunst-Kontext gestellt werden können, kann man zur Zeit in der Ausstellung „East of a New Eden“ im Forum für Fotografie in Köln sehen, die einen Teil des umfangreichen Fotografie-Projektes der beiden Fotografen Alban Kakulya and Yann Mingard zeigt. Im zentralen Ausstellungsraum zieht sich eine lange Reihe mittelformatiger Aufnahmen entlang, die allesamt poetische und gut fotografierte Landschaftbilder zeigen. Versehen sind diese Bilder nur mit dem Zusatz der GPS-Koordinaten, an dem sie entstanden sind. An der Stirnseite der Wand finden sich mehre Satellitenbilder. Einen Einführungstext in die Thematik der Ausstellung ebenso wie Bildunterschriften sucht man hier vergebens. Läßt sich dies bei den Landschaftsaufnahmen noch verkraften, so ist dieses Fehlen beim zweiten Werk-Komplex von „East of New Eden“, den Portrait und Infrastrukturbildern fatal. Diese füllen in der Petersburger Hängung eine ganze Wand. Nicht nur die zu geringe Größe der fotografisch zum Teil hervorragenden Porträts nimmt einem die Lust, die Bildinformationen zu lesen. Vor allem das scheinbar wahllose Nebeneinanderstellen der Bilder ohne jegliche Form der Zusatzinformation, lässt einen unidentifizierbaren  Informationsbrei entstehen. Ob es sich bei den Feldbetten um Schlafräume der Grenzpolizisten oder ein Flüchtlingslager handelt, ob die Frau im strengen grünen Kostüm eine Jägerin oder eine Staatsbedienstete ist, der Besucher erfährt es nicht. Hier hilft auch der kleine Ausstellungsführer nicht weiter, der im Raum ausliegt. Was die Bilder an tatsächlichem dokumentarischem und damit informationellem Potential vermitteln, zeigt hingegen der umfangreiche und gut gestaltete Katalog. Hier erfährt der Leser endlich etwas über die politische Brisanz des Projekts, die Motivation der beiden Fotografen und die Inhalte der Bilder. Insofern sind die Ausstellung und der Katalog ein Lehrstück darin, wie zentral die Form der Präsentation für ein Projekt sein kann. Denn welchen Wert hat ein dokumentarisches Fotografieprojekt, wenn die Informationen nicht les- und kontextualisierbar sind?

Die Ausstellung „East of New Eden“ ist noch bis zum 15. Juli im Forum für Fotografie Köln zu sehen. Informationen unter: http://www.forum-fotografie.info/

Montag, 11. Juni 2012

Shots that bind: Fotojournalisten in Nablus


Auch wenn die Zeiten der zweiten Intifada, mit israelischen Panzern in palästinensischen Städten und Selbstmordattentaten in Israel mittlerweile der Vergangenheit angehören, so ist es doch mehr als interessant sich den Dokumentarfilm „Shots that bind“ der kanadischen Journalisten Kloie Picot anzuschauen. Im Mittelpunkt dieses Filmes aus dem Jahr 2006 stehen palästinensische Fotojournalisten und Kameramänner aus Nablus. Der Film stellt einen interessanten Einblick in die Arbeitsrealitäten dar und zeigt die Schwierigkeit des Lebens und Arbeitens in einer Konfliktregion auf.

Der Trailer des Filmes ist hier zu sehen:



Die einzelnen Teile des Filmes lassen sich über diesen Link anschauen: