Montag, 29. August 2016

Kriegsfotografie in der Literatur


Es gibt kaum ein großes Thema das auf die eine oder andere Weise nicht den Eingang in die Weltliteratur gefunden hat. Dazu gehören auch die Kriegsfotografie und das Leben der Kriegsreporter. Im deutschen Verlag C.H.Beck ist im Sommer ein neuer Roman der Südtiroler Schriftstellerin Sabine Gruber zum Thema erschienen.

 
In „Daldossi oder das Leben des Augenblicks“ erzählt Gruber die Geschichte des in die Jahre gekommenen Kriegsfotografen Bruno Daldossi. Bei seinem Magazin „Estero“ aus Hamburg geht seine Zeit zu Ende und die Jahre auf der Walz haben seine Spuren hinterlassen. Die Liebe bricht auseinander und er hat sich dem Alkohol verschrieben. Ein neuer Auftrag auf der Mittelmeerinsel Lampedusa zum Thema Migration und Flucht verspricht Abwechslung und Änderung. Gruber hat ausführlich über das Thema Kriegsfotografie und Fotojournalismus recherchiert und verpackt diese Informationen geschickt in den Roman und verwebt dies mit einer persönlichen Geschichte. So muss Daldossi beispielsweise – wie auch die Journalisten und Fotografen im richtigen Leben – durch einen Trainingskurs für Krisenjournalismus auf dem Truppenübungsplatz in Hammelburg. Und auch das Thema Alkohol ist im Alltag vieler leider oft präsent.


Es gibt andere Bücher, die ebenfalls das Thema behandeln, meist jedoch aus einer autobiographischen Perspektive. Das bekannteste ist wohl „Bang Bang Club“, in dem die beiden südafrikanischen Fotoreporter Greg Marinovich und Joao Silva über ihre Arbeit Anfang der 1990er zum Ende des Apartheidregimes schreiben. Bei Wunderhorn ist es im vergangenen Jahr auf Deutsch erschienen. Viel Aufmerksamkeit bekam Anfang des Jahres die Autobiographie „Jeder Moment ist Ewigkeit“ von Lynsey Addario. In „Augen auf und durch! Mein Leben als Kriegsreporter“ erzählt der deutsche Stern-Fotograf Perry Kretz seine Geschichte. Bisher nur auf Englisch liegt „Shutterbabe“ von Deborah Kogan vor, in dem sie ihren Weg in den professionellen Fotojournalismus skizziert.

Liste der erwähnten Bücher:
Deborah Kogan, Shutterbabe, 336 Seiten, Random House 2002




Montag, 22. August 2016

Omran und die Debatte um die Macht der Bilder


Vor einer knappen Woche ging in den deutschen und internationalen Medien das Bild des geretteten syrischen Jungen Omran aus Aleppo um die Welt. Innerhalb kurzer Zeit wurde das Bild zu einer Ikone des Bürgerkrieges in Syrien. Schnell wurde es mit dem Bild des toten Kindes Aylan verglichen, das im vergangenen Jahr zur Ikone wurde. Ähnlich wie damals löste es auch eine Debatte um die Macht von Bildern aus. Untenstehend eine kleine Übersicht über die diesbezügliche mediale Diskussion.


Der Spiegel thematisierte die Entstehung des Bildes und sprach mit dem Urheber des Bildes:

„Er habe schon viele Luftangriffe in der umkämpften syrischen Stadt Aleppo miterlebt und fotografiert, sagte Mustafa al-Sarout. Und so war es auch am vergangenen Mittwoch: Da filmte er unter anderem den fünfjährigen Omran, wie er staubig und blutend in einem Krankenwagen sitzt und apathisch ins Leere starrt. Die Bilder gingen um die Welt: als Symbol für die Schrecken dieses Bürgerkrieges.“


Eine Einordnung des Bildes ob ihrer Bedeutung nahm Fiete Stiegers auf NDR.de vor:

Das Bild bewegt die Menschen, die es sehen: Ein kleiner Junge hockt verstört auf dem orangenen Sitz eines Krankenwagens, verschmutzt und mit blutverschmierten Kopf. Retter haben ihn nach einem Bombenangriff auf die umkämpfte syrische Stadt Aleppo aus den Trümmern gezogen. Es erinnert an das Bild einer staubbeckten New Yorkerin am 11. September.“


Inwieweit das Bild auch in den Medien Russlands Verbreitung fand, thematisierte SWISS Info:

„In das russische Internet gelangte das Foto von Omran vor allem über die russischsprachigen Seiten internationaler Medien wie der Deutschen Welle oder der BBC. Der für Auslandspropaganda zuständige russische Fernsehkanal Russia Today deutete die Verbreitung des Fotos als gezielte Kampagne. "Warum hat sich das Bild des Jungen aus Aleppo (#aleppoboy) viral verbreitet und nicht das anderer Kinder, die vom Krieg betroffen sind?", heisst es in einem Videoclip.“


Über die Entstehungsbedingungen von Bildern in Aleppo und Syrien, wie das von Omran, reflektierte Caroline Bock auf Meedia:

„Die Bilder aus Aleppo entstehen generell nicht ganz zufällig. Medien-Aktivisten suchen Motive mit dem Ziel, ikonische Bilder zu schaffen. Sie wissen sehr genau um die Wirkung, die von den Aufnahmen ausgehen kann. Im Fall von Omran war es das oppositionelle Aleppo Media Center, das am Mittwochabend nach einem Luftangriff ein Video aufnahm.“


Reaktionen deutscher, vor allem christlicher Hilfswerke, ob das Bild Publikationswürdig ist, thematisierte die Webseite Evangelisch:

„Das Foto eines verletzten Jungen aus der umkämpften syrischen Stadt Aleppo hat am Donnerstag die Menschen weltweit berührt. Deutsche Hilfsorganisationen reagierten zurückhaltend auf das Bild des fünfjährigen Omran. "Wir würden es so nicht zeigen, weil wir Menschen grundsätzlich nicht als Opfer darstellen", sagte die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel in Berlin.“


Thomas Fricker argumentierte in der Badischen Zeitung, warum es legitim ist, das Bild zu zeigen und was seinen Erfolg ausmacht:

„Wir leben in einer Welt der Bilder. Da ist es legitim, die Welt mit Bildern aufzurütteln. Gut möglich, dass der Junge eben deshalb gefilmt worden ist. Das ändert aber nichts an der Not in Aleppo. Hinschauen – das ist die Botschaft diese Bilder. Verdrängen ist nicht. Selbst wenn all dies an der Ohnmacht dem Krieg gegenüber erst mal nichts ändert.“


Die Dauerhaftigkeit der vermeintlichen Schockwirkung des Bildes, stellte Andreas Schwarzkopf auf FR Online in Frage:

Man darf aber auch nicht zu viel erwarten von einem einzigen Foto oder dem Video, aus dem das Bild stammt. Für viele wirkt es wie ein Schrei gegen die Unmenschlichkeit, wie ein Plädoyer für das Ende des Krieges. Andere wiederum fürchten, die emotionale Empörung werde nach kurzer Zeit verebben, wie sie schon so oft verebbt ist.“


Samstag, 6. August 2016

Webvideos „This is Conflict“


Was wir als Konsumenten kennen, sind die Bilder. Bilder aus Krisen und Kriegen, von Katastrophen und Konflikten. Sie geben uns einen kleinen Einblick in das, was direkt neben uns oder weit entfernt passiert. Diejenigen die diese Bilder machen, kommen selten zu Worte, ebenso wie wir nur selten mehr darüber erfahren, wer die Menschen auf den Bilder sind. Einen kleinen Einblick gibt es mit der Dokumentation „This is Conflict“.

Eigentlich sind es sechs Interviews mit Fotografen, die der amerikanische Filmemacher Nick Fitzhugh zu einem kleinen ca. 35 minütigen Film zusammengefügt hat. Jedes der Interviews ist an einem anderen Ort aufgenommen, in den USA, Kenia oder Mexiko. Darüber hinaus leben die kurzen Clips, die im Internet auch einzeln abrufbar sind, von den Bildern der Fotografen, die zur Visualisierung und zur Illustration einzelner Geschichten genutzt werden. Produziert wurde der Film für den Streamingdienst Netflix von Fitzhughs Produktionsfirma Refix..


CONFLICT: Miniseries from redfitz on Vimeo.


Die für das Projekt interviewten Fotografen sind Robin Hammond, Joao Silva, Donna Ferrato, Pete Muller, Nicole Tung und Eros Hoagland. Der Film lebt von ihren emotionalen Erzählungen über ihr Tun, über ihre Motivationen, ihr Scheitern und ihre Verluste. Dabei sind es ganz unterschiedliche Konflikte, die sie fotografisch dokumentieren. Auch wenn es viel um klassische kriegerische Konflikte geht, gibt es auch andere Themen wie die Folgen sexualisierter Gewalt, deren Dokumentation das Lebenswerk der amerikanischen Fotografin Donna Ferrato ist.

Sie wirken sympathisch und verletzlich, die sechs interviewten Fotografen, nicht wie Draufgänger. Bei Eros Hoagland war schon der Vater als Fotograf in den Bürgerkriegen Lateinamerikas unterwegs. Als Eros 15 war, verlor der Vater sein Leben in El Salvador. Noch in den Zwanzigern verlor Nicole Tung ihren Freund Chris Hondros in Lybien und ihren Kumpel Jamels Foley in Syrien. Diese Schilderungen sind die emotionalsten Momente im Film. Da merkt man, wie nah der Job jedem und jeder Einzelnen geht.

Zu Beginn jedes Films laufen in kurzer Zeit Dutzende Bilder mit dem Klickgeräusch der Kamera ab. Es soll wohl die Bilderflut symbolisieren, einen Hinweis auf die Tausenden und Abertausenden von Bildern geben, welche die Fotografen jährlich produzieren. Gleichzeitig werden einige Bilder als Stils gezeigt, dienen als Aufhänger für Geschichten, was etwas Ruhe in den Film bringt und die Bilder lebendig werden lässt.

Einige der Aussagen der Fotografen geben zu denken. So sagt der Südafrikaner Joao Silva: „I could be on the other side of the camera. It’s just a matter of geography“. Damit setzt er sich auf Augenhöhe mit den Fotografierten, nivelliert mögliche Unterschiede. Und Pete Muller, der in Kenia lebt, zerstört den Mythos des Kriegsfotografen in dem er sagt: „I am a conflict photographer, but I am not a combat photographer“. Er führt weiter aus, dass er an den Bildern hinter dem Schlachtfeld interessiert ist, was der Film eindrücklich zeigt.

Es gibt auch eine Webseite zum Film "This is Conflict" mit den Bios der Fotografen. Auf den sozialen Medien ist das Projekt unter dem Hashtag #thisiconflict auf Twitter, Facebook und Instagram zu finden.