Sonntag, 8. Oktober 2017

Vom Ursprung und der Zirkulation der Bilder


In der massenmedialen Kommunikation zirkulieren Unmengen von Bildern in den unterschiedlichsten Kontexten, ohne dass in der Regel für den Betrachter die dahinter stehenden Produktionsroutinen sichtbar werden würden. Damit verbunden sind Fragen danach, warum welche Ereignisse welche Bedeutung bekommen und wie diese bildnerisch dargestellt werden. Der Versuch, diesem in Form einer medienreflexiven Ausstellung auf den Grund zu gehen, haben Mitglieder der Gruppe Migrant Image Research Group unternommen.

Die Arbeit des Kollektivs, ist im Rahmen der Biennale für aktuelle Fotografie in der Rhein-Neckar-Region als Teil der von Florian Ebner kuratierten Ausstellung "Was sagt die Einstellung über die Einstellung?" zu sehen. Hinter der Migrant Image Research Group verbergen sich verschiedene Fotografen wie Armin Linke und Jan Wenzel sowie Wissenschaftler wie Estelle Blaschke die unter Federführung von Anne König und Armin Linke kritisch die Prozesse der Bildkommunikation über die sogenannte "Flüchtlingskrise" untersuchen. Ein Großteil des Recherchematerials wurde im Rahmen eines von Armin Linke geleiteten Forschungsprojekts an der HfG Karlsruhe vor sieben Jahren zusammengetragen.

Für die unter dem Titel "Lampedusa – Bildgeschichten am Rande Europas" laufende Ausstellungsbeteiligung im Mannheimer Zephyr hat sich die Gruppe auf Vorschlag des Spector Verlags ästhetisch für das Format der Graphic Novel bzw. der Zeichnung entschieden. So finden sich an den Wänden gezeichnete und mit Sprechblasen versehene Gesprächsszenen verschiedener Akteure wie NGO-Mitarbeiter, Fotografen und Bildredakteure, die ihr eigenes Arbeiten in Bezug auf das Thema reflektieren. Ergänzt wird dies durch zahlreiche Videos, in denen einzelne Akteure ausführlich Stellung nehmen.

 
Teil der Graphic Novel von Emilie Josso

Ausgangspunkt einer von Emilie Josso als Graphic Novel übersetzten Reflexion ist ein Bild des italienischen Fotografen Giuliio Piscitelli, das eine Gruppen von Menschen zeigt, die einen Sandhügel hintergehen. Dazu finden sich Kommentare wie "Ich mag dieses Bild, weil es das ikonische, stereotype Bild des Flüchtlings verschiebt" oder "Ich sag es mal provokant: Wenn wir einen Teil der Kleidung ändern würden, könnte es aussehen wie ein Werbefoto". Ähnlich finden sie viele weitere Kommentare unterschiedlicher Akteure. In den Videos hingegen kommt bspw. ausführlich der italienische, auf Lampedusa lebende Fotojournalist Maurizio Seminara oder der ägyptische Bildredakteur Hani Mustafa der Wochenzeitung Al-Ahram Weekly zu Wort.

Was die Ausstellung leistet, ist der medialen über Bild und Text vermittelten Erzählung über Migration nach Europa eine neue oder besser gesagt andere Erzählung gegenüberzustellen. Diese ist auf den ersten Blick informativ und zeigt Hintergründe und Paradoxien des Prozesses der Bildkommunikation auf, ohne dabei belehrend zu wirken. Gleichwohl schafft es das Projekt nicht wirklich, die in den Medien ablaufenden Prozesse schlüssig zu erklären. Vermutlich war dies auch nicht das Ziel des Projektes. Für den Herbst hat die Gruppe eine vom Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes geförderte Veröffentlichung bei Spector Books geplant (ISBN 978-3959051736, 280 Seiten, 28 Euro). Dabei soll es sich um eine ausgeweitete Graphic Novel zur Reflexion des bildnerischen Umgangs mit Lampedusa und dem Thema Migration handeln. Man darf darauf gespannt sein.

Aus der graphischen Reflexion von Emilie Jondo in der Mannheimer Ausstellung



Ähnliche Beispiele wie die Videos aus der Austellung, finden sich auf dem VIMEO-Kanal der Gruppe. Dort sind auch mehrere Gespräche mit dem schon erwähnten Fotojournalist Maurizio Seminara zu sehen.

Maurizio Seminara (02) – Photo Journalist on Lampedusa from Migrant Image Research Group on Vimeo.

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